Scrum ist das bekannteste und am häufigsten genutzte Framework in agilen Softwareprojekten. Aufbauend auf den drei elementaren Säulen Transparenz, Überprüfung und Anpassung arbeiten der Product Owner, der Scrum Master und das gesamte Scrum-Team in zweiwöchigen Sprints zusammen. Der Scrum-Guide bietet hier lediglich ein Rahmenwerk, sodass die Rolle als Dienstleister in Scrum nicht benannt oder näher beschrieben wird. Deswegen haben wir uns im Rahmen der Digitalen Woche Dortmund 2022 hingesetzt und über unsere wichtigsten drei Learnings aus langjähriger Arbeit in agilen Softwareprojekten mit Scrum gesprochen.
“Scrum macht nur Spaß, wenn auch alle mitspielen!”
Heute wohl eher selten gesehen, aber vor einigen Jahren noch Realität: Softwareprojekte, die nicht nach und mit dem Scrum Framework arbeiten. Auch wir haben Erfahrung damit, allerdings nicht intern, sondern eher auf Kundenseite. Hier wurde ein Projekt aus der Finanzbranche klassisch nach dem Wasserfallprinzip aufgebaut. Intern haben wir trotzdem Scrum gemacht, mit Daily Meetings, Sprint Reviews und Retrospektiven. Der Kunde war bei den Meetings allerdings nie anwesend, was den Prozess weniger effizient gemacht hat. Scrum macht halt nur Spaß, wenn alle mitspielen. Auch der Kunde. Grundlegend muss man für sich selbst entscheiden, ob man mit Scrum arbeiten möchte. Für uns hat es sich in allen Projekten bislang bewährt und gehört zu unserer Kultur. Obwohl heutzutage Projekte, die nicht mit Scrum umgesetzt werden, eher eine Seltenheit geworden sind, gilt: Entscheiden Sie für sich! Wir würden heute Projekte, in denen der Kunde kein Scrum machen möchte, nicht mehr umsetzen, da es von der Kultur nicht zu uns passt.
“Den PO macht unser Abteilungsleiter Herr Müller.”
Ganz einfach: nein. Aber von vorne. Der Product Owner ist der Ansprechpartner in einem Projekt - sowohl für die interne Organisation, aber auch für uns als Dienstleister. Er oder sie übernimmt die Koordination mit den Stakeholdern und das Backlog Refinement. Die vielfältigen Aufgaben machen die PO-Tätigkeit zu einer Vollzeitstelle, die nicht neben regulären Arbeiten (wie z.B. der Abteilungsleitung) laufen sollte. Allerdings muss diese Stelle nicht zwingend von einem Mitarbeiter aus dem Management besetzt werden, auch zum Beispiel Trainees eignen sich hervorragend, um diesen Posten zu übernehmen. Als Experiment hat sich in manchen Projekten ebenfalls der Proxy Product Owner etabliert, der nicht vom Kunden, sondern vom Dienstleister kommt. Es muss jedoch klar sein, dass der Proxy Product Owner nie das Wissen und die Beziehungen beim Kunden erreichen kann, wie es ein PO aus Kundenreihen haben kann. Deswegen sind wir kein Fan dieses Konzepts. Am Besten ist es, vor Projektstart einen PO vom Kunden zu verlangen und benennen zu lassen.
“Von den Stakeholdern hat heute leider keiner Zeit für das Meeting.”
Sollte der Fall eintreten, dass die Stakeholder wiederholt nicht in relevanten Meetings, wie der Sprint Review, auftreten, ist das ein Warnsignal und kann entscheidende Auswirkungen auf den Projekterfolg haben. Die Gründe für das Nicht-Erscheinen der Stakeholder können vielfältig sein: keine Zeit oder das Gefühl von verschwendeter Zeit, fehlendes Verständnis für die Bedeutung des Meetings oder andere wichtige Meetings zur gleichen Zeit. Im Zweifel sind die Prioritäten für die Stakeholder zu klären: Ist das Projekt überhaupt relevant für den Business-Erfolg oder arbeitet man aktuell an Punkten, die unwichtig erscheinen? Zuerst sollte man sich aber von dem Gedanken befreien, dass das Review Meeting nur ein Checkpoint mit dem Product Owner ist, der die geplanten und bestenfalls umgesetzten Punkte des Sprints abnimmt. Vielmehr sollte das Review Meeting eine Show für das Scrum Team sein, um zu präsentieren und zu veranschaulichen, was als Increment im Sprint erarbeitet wurde. Dazu gehört - sofern möglich - auch eine Demonstration der Software. So wird vermieden, dass die Stakeholder das Meeting als Zeitverschwendung ansehen, weil lediglich Tickets abgenommen werden. Hilft dies auch nicht, um die Teilnahmequote für die Sprint Review zu erhöhen, muss in den offenen Dialog gegangen werden. Schließlich bietet sich nur hier die Gelegenheit zu direktem Feedback und Austausch zwischen Stakeholdern und Scrum Team.
Scrum ist als ein Mannschaftssport zu denken. Damit alles reibungslos läuft, müssen alle Positionen besetzt sein, auf dem Platz stehen und mitarbeiten!